Controlling 21
Dr. J. Schuhmacher
Vor allem bei der Schrift sind ergonomische Forderungen mit CI/CD-Anforderungen in Einklang zu bringen. Die Corporate Identity (CI) legt das Image der Firma dar und das Corporate Design (CD) legt fest, wie dieses Image medial zu erzielen ist. Wichtig ist, dass die Werbelinie, die konkrete Anwendung des CDs für jedes Medium, mediengerecht umgesetzt wird.
Um einen Wiedererkennungswert auf allen Seiten eines Internet-Auftrittes sicherstellen, muss die Konsistenz aller Elemente gewahrt werden.
Standardisieren Sie alle Vorgaben in einem schriftlichen und verbindlichen Styleguide und einem Cascading Style Sheet (CSS für das Layout der HTML-Seiten).
Nur so erhalten Sie die erforderliche Durchgängigkeit in Ihrem Internet-Auftritt. Konsistenz ist eine Grundforderung der Ergonomie. Eine einheitliche Oberfläche und ein einheitliches Design erleichtern jedem neuen Benutzer das Einlernen in Ihren Internet-Auftritt. Nur eine vorhersagbare Navigation sowie ein vorhersagbares Look-and-feel lässt den Nutzer sich wohl fühlen, weil er Ergebnisse vorhersagen kann. Er weiß somit nach kurzer Zeit bereits im Voraus, was ihn bei einer bestimmten Handlung erwartet.
In diesen Styleguide gehören alle Details, die Sie in den folgenden Einzelkapiteln aufgelistet finden.
Ein Styleguide ist nicht nur für die späteren Erweiterungen, sondern auch bereits für die tägliche Pflege der Seiten erforderlich. Ansonsten wird sich Ihr Internet-Auftritt kontinuierlich von der Vorgabe entfernen und damit immer uneinheitlicher.
Unterscheidbarkeit, Lesbarkeit sowie Leserlichkeit der Schrift ist angesichts der definierten Plattformunabhängigkeit (Hard- und Software) des Internets kein leicht zu erreichendes Ziel.
Die Unterscheidbarkeit von S und 5, l (kleines L) und 1 (Zahl Eins) U und V, Q und U muss unter allen Umständen gewährleistet sein. Bei digitalen Anzeigen wird oft die Ziffer 5 mit den Ziffern 6, 8 oder 9 verwechselt. (Bullinger, Ergonomie, Seite 349). Besonders die Ziffer 5 eignet sich somit, um die Kategorien Schriftgröße, Kontrast, Helligkeit, Farbe und Zeichenschärfe bei der anvisierten Zielgruppe zu überprüfen.
Ein ausreichendes Kontrastverhältnis zwischen dem Zeichen und dem Untergrund muss gewährleistet sein. Beachten Sie vor allem auch die denkbaren Störfaktoren wie zu helle oder zu dunkle Arbeitszimmer, Reflexe durch Sonneneinstrahlung oder Lampenblendung. Auch unterschiedliche Grafikkarten und Monitore sowie besonders deren individuelle Einstellung können den Kontrast beeinflussen.
Aufgrund der leichteren Lesbarkeit sollte man eine serifenlose Schrift (Arial, Helvetica, Sansserif) verwenden.
Die Anzahl der Schriftarten, Schnitte und auch der Schriftgrößen sollte man je Auftritt und besonders je Seite gering halten. Wenige verwendete Schriften ergeben eine ruhige Typografie.
Bitte beachten Sie, dass es kaum standardisierte Schriften im Internet gibt. Nur Times (New) Roman und Arial/Helvetica sind auf allen weltweiten Systemen generell verfügbar. Die meisten anderen Schriften hängen vom jeweils verwendeten Betriebssystem ab. Zwar kann ein Nutzer auf fast jedem System weitere Schriften nachträglich (teilweise auch aus dem Internet) installieren. Aber die wenigsten Benutzer unterziehen sich der Mühe, nur um Ihren Internet-Auftritt korrekt dargestellt sehen zu können.
Auch wenn Sie keine unterstrichenen Links verwenden, sollte zur Texthervorhebung niemals die Unterstreichung benutzt werden. Viele Nutzer werden sonst versuchen, darauf zu klicken, da sie es für einen Link halten.
Hinzu kommt der missliche Umstand, dass Unterstreichungen (auch im normalen Fließtext) die sogenannten Unterlängen der Buchstaben behindern und dadurch viele Worte schwer lesbar machen können. Dies betrifft unter anderem die Buchstaben g, j, p, q und y, welche unterstrichen selbst bei leicht lesbaren Schriften folgendermaßen aussehen: g, j, p, q y und ; , . : _ - F < > ( ) { } [ ] . Wie Sie unschwer erkennen können, werden dabei auch wichtige Satzzeichen wie Semikolon ; und Komma, aber auch Punkt . und Doppelpunkt : behindert. Unterstriche _ werden unkenntlich und das Erkennen von Bindestrichen - wird erschwert. Allerdings wird auch die zweifelsfreie Erkennung mancher Großbuchstaben wie F durch Unterstreichung schwieriger, weil man dies nun mit einem E verwechseln kann. Mathematische Symbole wie < und > erhalten durch die Unterstreichung sogar eine andere Bedeutung (kleiner gleich und größer gleich). Auch Klammern werden durch die Unterstreichung schwerer erkennbar.
Schüsselworte sollten fett hervorgehoben werden. In Tests ergab sich, dass das Auge bei fett hervorgehobenen Wörtern den Lesefluss abbremst.
Großbuchstaben gelten einerseits im Internet als "schreiend" und Text in Großbuchstaben ist andererseits nachweislich schwerer zu lesen.
Auch der Schriftschnitt Kursiv sollte im Gegensatz zum Print-Bereich nicht verwendet werden, da es auf den meisten Monitoren schlecht lesbar ist.
Die DIN 66234 (Bildschirmarbeitsplätze) legt die Buchstabengröße fest. Bei Großbuchstaben am Monitor soll die Zeichenhöhe mindestens einen Sehwinkel von 18 Winkelminuten ausmachen oder 2,6 Millimeter Höhe besitzen. (Bullinger, Ergonomie, Seite 353). Bei den zunehmend verbreiteten Großbildschirmen mit ihrer hohen Pixelauflösung und einer oft gewählten Schriftgröße in festen Pixelmaßen werden diese Maße immer öfter unterschritten.
Wählen Sie je nach Ihrer Zielgruppe (deren technischer Ausstattung und physiologischen Fähigkeiten) die minimale Schriftgröße.
Wählen Sie keine zu großen Überschriften. Dies gilt vor allem für H1. Idealerweise definieren Sie die Überschriftgrößen im Cascading Style-Sheet (CSS) etwas kleiner und behalten die Standards H1, H2, ... bei.
Fest eingestellte - und damit vom Benutzer nicht veränderbare - kleine Schriftgrößen mittels Style-Sheets behindern oft Menschen über 40 in erheblichem Umfang. Es bleibt sowieso unklar, warum viele Internet-Auftritte eine viel zu kleine und dazu noch fest eingestellte (d.h. nicht vom Nutzer veränderbare) Schriftgröße verwenden. Im Gegensatz zum Print-Bereich kostet eine größere Schrift nicht mehr Geld (Platzbedarf), erhöht jedoch die Lesbarkeit. Beachten Sie, dass Sie auch mit einer festgelegten Schriftgröße nicht den vermeintlich "richtigen" Zeilenumbruch auf dem Monitor des Benutzers sicherstellen können. Er kann seinen Browser auch kleiner einstellen und damit alles verschieben.
Zahlen sind wichtige Informationsträger, sollten jedoch im Internet aufgrund der schlechteren Lesbarkeit am Monitor behutsam eingesetzt werden. Generell gilt, dass man nur maximal dreistellige Zahlen verwenden sollte. Bei größeren Zahlen lässt sich ein Punkt dazwischen setzen. Dies gilt zum Beispiel bei wissenschaftlich wichtigen Details (123.456,789). Bei weniger wichtigen Zahlen ist die Rundung auf die nächst höhere Klasse verwendbar (statt: 123456789 und 987654321 ist ein Wahl der Größenordnung Millionen und 123 Mio. sowie 987 Mio. leichter aufnehmbar).
Die Zahlenanordnung auf Interaktionsmodulen sollte wie am Telefon angeordnet sein: 123, 456, 789, 0 und nicht wie an der PC-Tastatur.
Man sollte keinen Blocksatz am Monitor erzwingen. Die Wortabstände sind unberechenbar, da im WWW kein Trennautomatismus existiert. Nutzen Sie wo möglich den linksbündigen Satz. In Ausnahmefällen eignet sich für kurze Überschriften die Zentrierung oder für manche kurzen Produkt- oder Bildkommentare die rechtsbündige Absatzformatierung direkt am rechts daneben stehenden Bild.
Ideal sind Zeilenlängen von 60-80 Zeichen. Allerdings kann man dies nicht erzwingen, da sich die Systeme und Browser-Einstellungen deutlich unterscheiden. Dennoch sollte man sich für die Zielgruppe an diesem Wert orientieren.
Vermeiden Sie auch den mehrspaltigen Satz, da er in der Regel das ständige Scrollen erfordert, um den Text in der jeweiligen Spalte zu Ende zu lesen.
Jede Seite benötigt eine Hauptüberschrift.
Vor allem im Internet dienen Unterüberschriften als Orientierung. Sie unterteilen und gliedern gleichzeitig die Absätze. Oft liefern sie eine Kurzzusammenfassung des Absatzinhaltes. Neben Listen dienen Überschriften als ergonomisches Mittel der Strukturierung und sollten gezielt sowie öfter als im Print-Bereich eingesetzt werden.
Überschriften sollten hervorgehoben sein. Entweder geschieht dies durch eine größere und oder fette Schrift. Oder man kann sie linksbündig zum Text, zentriert, eingerückt oder links ausgerückt verwenden. Rechtsbündige Überschriften eignen sich nur bei rechtsbündigem Text und sollten sehr sparsam verwendet werden, da rechtsbündig gesetzter Text schwerer zu lesen ist.
Oft zu finden sind grafisch gesetzte Überschriften. Selbst wenn heute kaum ein Nutzer mehr das Laden der Grafiken in seinem Browser abgeschaltet hat, so sind grafisch gesetzte Schriften auf fast allen Monitoren schlechter zu lesen als die Normalschrift. Das Internet ist nicht mit dem Print-Bereich zu verwechseln. Zwischen der Druckqualität einer Offsett-Maschine und dem durchschnittlichen Monitor liegen Welten. Mediengerechte Anpassung bedeutet in diesem Fall, dass man im Internet aus ergonomischen Gründen die Standardschriften nutzen muss.
Abgesehen davon erhöhen Grafiken die Ladezeit der Seiten. Überdies laden Grafiken in der Regel erst nach dem Text. So werden eventuell die wichtigen Überschriften nicht mehr wahrgenommen. Ferner können Suchmaschinen (interne wie externe) Grafiken meist nicht analysieren. Die Überschrift stellt jedoch in der Regel einen der wichtigsten Inhaltsaspekte dar!
Neu hinzukamen 2005 Browser, welche die Schrift und Grafiken prozentual vergrößern (Opera) können. Zahlreiche Personen nutzen diese angesichts hoher Bildschirmauflösung in Pixeln sinnvolle Möglichkeit. Grafisch gesetzte Schriften werden in diesen Browsern allerdings sehr unergonomisch dargestellt.
Die einzige Ausnahme für grafisch gesetzte Schrift kann beim Logo gemacht werden, wenn es sich um eine Wort-(Bild-)Marke handelt. Diese sollte im Auftritt immer zusammenhängend erscheinen, so dass man sie im Grafikprogramm gemeinsam erstellen muss.
Da man - wie oben beschrieben - sich nicht darauf verlassen kann, dass ein Nutzer spezielle Schriften auf seinem PC geladen hat, um sie korrekt anzeigen zu können, kam man vor einigen Jahren auf die technisch gesehen interessante Idee, sie einfach von Servern aus dem Internet automatisch laden zu lassen, sobald ein Nutzer die Seite aufruft. Das ist zwar clever, jedoch nur auf den ersten Blick hilfreich. Denn es ist nicht ergonomisch oder behindertengerecht. Aber selbst die meisten Smartphone-Nutzer mit ihren beschränkten Ladevolumina je Monat freuen sich nicht über eine derartige Zwangsbeglückung. Dies gilt vor allem, da man oft viele Megabyte an Schriftdateien herunterladen muss, obwohl man die Seite nach einem kurzen Blick darauf wieder schließt. Vor allem verlängert das zwangsweise Herunterladen der oft vielen externen Schriften den Bildaufbau. Denn es werden auch bei vermeintlich nur einer Schrift oft automatisch viele (auch unbenutzte) Schriftschnitte mit heruntergeladen wie normal, fett, kursiv, fett-kursiv etc. und dies zudem in mehreren Größen. D.h. auch Personen mit einem langsamen Internet-Anschluss leiden darunter. Einerseits ist es verständlich, dass Anhänger des firmeneigenen CIs/CDs auf einer möglichst perfekten Umsetzung des Medien-Styleguides für den Print-Bereich auch im Internet pochen. Jedoch wird übersehen, dass sich das Display vom Druck auf Papier grundsätzlich unterscheidet: Die wichtigsten physikalischen Unterschiede liegen darin, dass Displays selbstleuchtende (hintergrundbeleuchtete) Medien sind, wohingegen Papier extern beleuchtet wird, also nur das Licht reflektiert. Zudem unterscheidet sich der Buchstabenabstand, da Browser, Betriebssysteme und Hardware bis heute nicht die identischen Zeichenabstände wie im Buchdruck erzeugen können (Stichworte sind z.B. Unterschneidung, Kerning). Daraus folgt, dass selbst angeblich identische Schrifttypen sich optisch im Wort- und Satzeindruck signifikant unterscheiden und dadurch auf dem Display eine oft völlig andere sowie ungewollte Wirkung erzielen. - Zudem bedeutet mediengerechter Einsatz von Schriften nicht immer absolut identisch. Zumindest sollte man dies von der Zielgruppe, deren Wünschen und den eigenen Produkten abhängig machen. Was für höchstwertige Luxusprodukte sinnvoll sein kann, kann in vielen anderen Fällen eher kontraproduktiv wirken.
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