Controlling 21

Dr. J. Schuhmacher

vg

Belastung

Ein einfaches Belastungs-Beanspruchungs-Modell (für Tätigkeiten mit Zeitzwang) ist zum Beispiel: Die Aufgaben einer Tätigkeit führen über die Anforderungen zu objektiv beschreibbaren Belastungen und letztlich zu unterschiedlichen subjektiven Beanspruchungen. (Bokranz, Seite 53)

Der Aktivitätsbegriff kennzeichnet ... die Art und Weise, wie sich der Mensch am Arbeitsplatz seiner objektiv gegebenen Belastung unterwirft und mit welcher Strategie und Methode er sie bewältigt. (Rohmert, nach Bokranz, Seite 54). Unter Einbeziehung von Handlung bzw. Aktivität gelangt man zum erweiterten Belastungs-Beanspruchungs-Modell. Übung und Training führen zu einer Verringerung der Belastung. Ermüdung und Monotonie führen hingegen zu einer Leistungsverschlechterung bzw. Beanspruchungssteigerung. Dauerleistungsgrenzen dürfen nicht überschritten werden. Vorwiegend körperliche - muskuläre - Arbeitsformen beanspruchen oft Herz und Kreislauf sowie das Skelett, vorwiegend informatorisch / mentale Arbeit wirkt besonders auf die Sinnesorgane, Muskeln und geistige Fähigkeiten ein. Reaktive Arbeit tritt bei Kontrollaufgaben auf, informatorische im Büroalltag.

Man unterscheidet Belastungen aus dem Arbeitsinhalt von Belastungen aus der Arbeitsumgebung.

Belastungen aus dem Arbeitsinhalt

Die Einordnung der Belastung erfolgt mittels Informationsaufnahme über die Sinne - sensorische Arbeit. Hier legt die Empfindlichkeit der Sinnesorgane die Grenzen der Ausführbarkeit fest. (Bokranz, 57f.)

Die visuelle Belastung mittels Gesichtssinn hat Auswirkungen auf das betroffene Organsystem Auge. Die Wahrnehmungs- und Gestaltungsdimensionen sind die Helligkeit, Farben, Winkel, Ausdehnung, Tiefe, Entfernung, Dauer und die zeitliche Folge. Die Erkennungsdimensionen sind Größe, Form, örtliche Lage, Geschwindigkeit, Oberfläche und die zeitliche Regel.

Die auditive Belastung mittels Gehörsinn hat Auswirkungen auf das betroffene Organsystem Ohr. Die Wahrnehmungs- und Gestaltungsdimensionen sind Lautheit, Frequenz, Richtung, Bewegung, Entfernung, Dauer und die zeitliche Folge. Die Erkennungsdimensionen sind Lautstärke, Tonhöhe, Timbre, örtliche Lage, Geschwindigkeit und die zeitliche Regel.

Die haptische oder taktile Belastung mittels Tastsinn und Klimasinn (Thermofühler der Haut) hat Auswirkungen auf das betroffene Organsystem Mechanorezeptoren. Die Wahrnehmungs- und Gestaltungsdimensionen sind Druck, Hitze und Kälte, Frequenz, Schmerz, Dauer und die zeitliche Folge. Die Erkennungsdimensionen sind Ausdehnung, Rauigkeit, Kontakt, Vibration, Temperatur und die zeitliche Regel.

Die Gustatorische Belastung mittels Geruchs- und Geschmackssinn hat Auswirkungen auf das betroffene Organsystem primäre und sekundäre Sinneszellen auf der Zunge sowie im Mund- und Rachenraum. Die Wahrnehmungs- und Gestaltungsdimensionen sind: Konzentration, Dauer und die zeitliche Folge. Die Erkennungsdimensionen sind Grundgeruch (wie blumig, faulig, fruchtig, würzig etc.), Grundgeschmack (wie bitter, sauer, süß, salzig) und die zeitliche Regel.

Die propriozeptive Belastung (Propriorezeptoren) oder kinästhetisch (kinästhetischer Bewegungssinn) mittels Rückmeldungen der Muskulatur bzw. des Vestibularsystems hat Auswirkungen auf das betroffene Organsystem Nervenendigungen der Gelenkkapseln, Sehnenspindeln der Gelenkbänder, Stellungsrezeptoren der Halswirbel, Vestibularapparat im Innenohr. Die Wahrnehmungs- und Gestaltungsdimensionen sind äußere Kraft, innere Muskelanspannung, Richtung, Bewegung, Dauer. Die Erkennungsdimensionen sind Gewicht, Stärke, Zug und Druck, Lage, Geschwindigkeit und zeitliche Regel.

Bei der diskriminatorischen Arbeit: Belastungen durch Erkennen und Identifizieren von Signalen, ist die Feinheit der abgespeicherten Skalen entscheidend. (Bokranz, Seite 57).

Belastungsgliederung

Eine Belastungsgliederung kann nach der Arbeitsfunktion erfolgen. Untersucht wurden Beobachtungs- und Steuerungstätigkeiten, die vergleichbar mit der Arbeit im Internet sind. Hierbei müssen mehrere Objekte unter innerer Anspannung aus zahlreichen anderen vorhandenen Sinneseindrücken herausgehoben werden. Die Höhe der Teilbelastung hängt ab von der Dauer der ununterbrochenen Beobachtungsperioden, der Anzahl der zu beobachtenden Objekte, der Häufigkeit der Steuertätigkeiten (Mausklicks, Eingaben), der Größe und Toleranz der durchzuführenden Handbewegungen. (Bokranz, Seite 59).

Wichtig bleibt dabei die Erkenntnis: Beobachtungs- und Steuertätigkeiten können durch ungünstige Umgebungseinflüsse erschwert werden (z. B. Blendung, Lichtmangel, Lärm... (Bokranz, Seite 59).

Eine Belastungsgliederung kann auch nach dem Aktivitätsniveau erfolgen. Hier unterscheidet man erstens geistige Tätigkeit (im engeren Sinn), bei der selbständig Zusammenhänge zu durchdringen sind, Sachverhalte verglichen und beurteilt werden, sowie allgemeine Schlüsse oder Urteile abgeleitet werden müssen.
Zweitens die monotone (einförmige) Tätigkeit, bei der sich gleiche Ablaufabschnitte regelmäßig wiederholen, oder nur geringe körperliche Beanspruchung eintritt, oder in einer reizarmen Umgebung erfolgt.
Drittens der Mangel an aktiver (Muskel-) Betätigung, wobei eine ständige Arbeits- und Handlungsbereitschaft gefordert ist, jedoch nur sehr selten (im Störfall) etwas getan werden muss, vor allem wenn die Person auch noch isoliert arbeitet (Schaltwerk, Kraftwerk, Überwachung automatischer Fertigungsprozesse).

Arbeitsanalyse

Zum Begriff der Arbeitsanalyse gibt es zwischen Wissenschaftlern, Praktikern und Vertretern der jeweiligen Sozialpartner unterschiedliche Auffassungen, die in der Regel zu DIN-Normen mit nur dem kleinsten gemeinsamen Nenner führen. Sogar die Fachdisziplinen und dort wieder die Fachgebiete der Arbeitswissenschaft unterscheiden sich in arbeitsanalytischen Verfahrensfragen. Die arbeitsanalytischen Verfahren lassen sich gliedern nach: Analysezweck, Analysegegenstand, Analysemethode, dem zugrunde liegenden theoretischen Modell und schließlich nach den testatischen Gütekriterien wie Gültigkeit, Zuverlässigkeit etc.

Die Arbeitsanalyse beschäftig sich mit der Auflösung von Arbeitssystemen in einzelne Elemente, sowie der Beschreibung und Skalierung von deren Abhängigkeiten (Bokranz, Seite 61). Sie umfasst somit den Arbeitsgegenstand, die Betriebsmittel, die Arbeitsumgebung, die Arbeitsaufgabe und die Arbeitsanforderungen als relevante Aspekte.

Die Tätigkeitsanalyse betrifft nur die: Analyse von Aufgaben, Anforderungen und/oder Handlungen (Bokranz, Seite 61). Um als universelle Analysemethodik zu gelten, benötigen die Tätigkeitsanalyseverfahren eine testatorische Begründbarkeit. (Bokranz, Seite 61)

Tätigkeitsanalyseverfahren basieren auf einem theoretischen Modell, das eine für die Praxis relevante Interpretation der Ergebnisse des Analyseverfahrens ermöglicht. Sie erfassen möglichst alle in einem Arbeitssystem vorhandenen Aufgaben und Anforderungen vollständig, sind möglichst ökonomisch mit EDV auswertbar, erlauben eine standardisierte Durchführung. Sie sind nicht nur rein verbale Tätigkeitsbeschreibung, sondern ermöglichen zumindest auf einem Ordinalskalenniveau quantifizierbare Aussagen. Und zu guter Letzt bieten sie Angaben zur Verfahrenszuverlässigkeit.

Der Zweck und das Einsatzgebiet der Tätigkeitsanalyse ist in der Arbeitswissenschaft oft, den betroffenen Personen zu dienen: Die (technische) Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsplatzdokumentation, Arbeitsgestaltungsmaßnahmen zum gezielten Belastungsabbau, sowie Stand der Sicherheitsvorkehrungen, Unfallursachenforschung stehen im Vordergrund. Daneben wird auch die organisatorische Arbeitsgestaltung mit dem Ziel verfolgt, Betriebs- und Verwaltungsabläufe zu untersuchen und zu vereinfachen und so systematisch zu optimieren. Hinzu kommen die zeitliche Arbeitsorganisation, die Personalverwaltung (Stellenbeschreibung), bis hin zur Berufsaus- und -weiterbildung (Konzeption von Ausbildungsmaßnahmen anhand der Tätigkeitsanforderungen).

Instrumente der Tätigkeitsanalyse:

Reiz-Reaktions-Modelle gehen auf neo-behavioristische Gedanken zurück und gehen davon aus, dass bestimmte Aufgabenkombinationen bei Personen bei Wiederholungen immer zu den gleichen Beanspruchungen führen. Aspekte des Lernens und der Anpassung sowie der Übung werden nicht berücksichtigt, da die psychische Struktur der Person in das Modell nicht einfließt. (Bokranz, Seite 64). Ferner liegen die Ergebnisse dieser Breitbandverfahren auf einem hohen Abstraktionsniveau und erschweren die Umsetzung in die Praxis. Da diese statischen aufgaben- und anforderungsbezogenen Verfahren der Tätigkeitsanalyse nicht überzeugen, kam man zu den handlungsorientierten Analyseverfahren. Die Fragestellung ist hier abgeändert und geht in eine Redefinition der Arbeitsaufgabe durch die Arbeitsperson über. Es wird gefragt, wie die Arbeitsperson die Arbeitsaufgabe wahrnimmt und interpretiert. Auch psychische Regulationsvorgänge der Arbeitsperson fließen mit ein. (Bokranz, Seite 68)

Belastungen aus der Arbeitsumgebung

Belastungen und Beanspruchungen werden bei der Arbeitsanalyse gemessen. Belastungen können physikalisch-chemischer Natur wie sozial-emotionaler Natur sein. (Bokranz, Seite 68)

Licht und Sehen

80-90 % aller Wahrnehmungen erfolgen über das Auge. (Bokranz, Seite 74). Daraus folgt, dass das Sehorgan das meistbeanspruchte Teil des menschlichen Organismus ist. Hieraus leitet sich wiederum die hohe Bedeutung der Beleuchtung ab. Da mit der Helligkeit die Sehschärfe zunimmt (Bokranz, Seite 78), folgt: je heller die Arbeitsumgebung ist, desto ermüdungsärmer ist sie. (Bokranz, Seite 76). Hinzu kommt, dass der Lichtbedarf mit zunehmendem Alter der Person ansteigt. (Bokranz, Seite 77). Ständige Leuchtdichteunterschiede ermüden die Personen, weil sie viele Adaptionsvorgänge erfordern. (Bokranz, Seite 78). Zu hohe Unterschiede der Leuchtdichte im Gesichtsfeld führen zur Relativ-Blendung. (Bokranz, Seite 78)

Schall und Hören

Das Gehör kann sich nicht wie das Auge anpassen. Hieraus folgt, dass Schallereignisse oft als negativ empfunden werden. (Bokranz, Seite 79). Beim Schall ergibt sich die Belastungshöhe aus dem Schalldruckpegel (in dB) und der Frequenz. (Bokranz, Seite 79). Hinzu kommt die Belastungsdauer, die über den zeitlichen Verlauf und die Einwirkungsdauer definiert wird. (Bokranz, Seite 79). Geräusche von 4.000 Hz werden als besonders lästig empfunden, da die Menschen Töne im Bereich von 3-4 KHz am besten hören. (Bokranz, Seite 82). Je unbekannter das Geräusch ist und negativer die Erfahrungen mit ihm sind, desto größer ist die Wirkung auf die Person.

Das vegetative Nervensystem spricht unmittelbar ohne bewusste Empfindung auf Lärmbelästigung an. (Bokranz, Seite 88). Unter anderem führt dies zur Erweiterung der Pupille. Teilweise kommt es zu einer Minderleistung bei der Informationsaufnahme und der Informationsverarbeitung. Eventuell nimmt es sogar Einfluss auf die Handgeschicklichkeit und die Bewegungsabläufe.

Klima

Unter Klima versteht man arbeitswissenschaftlich die Gesamtheit der Einflussgrößen, die auf das thermische Befinden des Menschen einwirken. (Bokranz, Seite 89). Vor allem die Finger- und Körpergeschicklichkeit nimmt durch die Kälteeinwirkung deutlich ab. (Bokranz, Seite 100). Es wird die thermische Behaglichkeit von Gruppen untersucht, da sich die Einzelpersonen hierin erheblich unterscheiden.

Auf Schwingungseinflüsse und solche durch Schadstoffe wird hier nicht eingegangen.

Im folgenden Kapitel in den theoretischen Grundlagen geht es um die Arbeitsleistung.

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